Erfolg ist kein großer Schritt in der Zukunft, sondern ein kleiner Schritt heute.

1. Die Eröffnung

 

1.1. Die Wahl des Eröffnungssystems

 

In Jahrhunderten der Spielpraxis sind etliche Eröffnungssysteme versucht worden. Viele davon wurden durch Analyse oder Spielpraxis widerlegt. Andere haben sich als robust erwiesen und werden ständig in den Turniersälen, im Internet oder in privaten Begegnungen von Spielern aller Spielstärken gespielt.

Über diese Eröffnungen gibt es eine Literatur, die Hunderttausende von Seiten zählt. Einige oft gespielte Varianten in gängigen Systemen sind teilweise bis zum 30. Zug analysiert.

Am besten kommt der Spieler zurecht, der ein System wählt, das seinen spezifischen Stärken besonders entspricht. Dazu sollte man sich die folgenden Fragen stellen:

  • Ist der Spieler eher ein Taktiker, der in komplizierten Situationen präzise rechnen kann, oder ist er ein Stratege, der langfristige Pläne schmiedet und ein ruhiges Spiel bevorzugt?

  • Liegt seine Stärke eher in der Kunst der Bauernführung, oder weiß er die besonderen Eigenarten der Figuren gut zu nutzen?

  • Ist er eher Angreifer oder Verteidiger?

  • Will er lieber risikobereit auf Gewinn spielen oder aber das Verlustrisiko minimieren?

  • Will er den Gegner mit einer gut vorbereiteten, genau analysierten Variante bereits in der Eröffnung überspielen, oder sucht er den Vorteil eher im Mittel- oder Endspiel?

Neben diesen Überlegungen spielen auch Moden eine Rolle in der Eröffnungswahl. Manche Spieler haben bestimmte schachliche Vorbilder, verfolgen deren Partien und richten sich bei der Wahl der Spielsysteme danach.

Prinzipiell werden Eröffnungen in drei verschiedene Systeme eingeteilt:

  • Offene Spiele sind Eröffnungen, die mit 1. e2-e4 e7-e5 beginnen (beispielsweise Spanische Partie).

  • Halboffene Spiele beginnen mit 1. e2-e4, Schwarz antwortet aber nicht e7-e5 (beispielsweise Französisch).

  • In Geschlossenen Spielen wird nicht 1. e2-e4 gespielt (beispielsweise Damengambit).

Die Begriffe sind nur in einem sehr allgemeinen Sinne zu verstehen. Bei den „offenen“ Spielen gibt es tatsächlich in fast jeder Eröffnung ruhige, positionelle Abspiele mit geschlossener Bauernstruktur. Auf der anderen Seite gibt es auch bei den „geschlossenen“ Spielen scharfe Fortsetzungen mit beweglichen Figuren in offenem Schlagabtausch. In allen drei Gruppen finden sich Gambiteröffnungen; besonders zahlreich sind diese unter den Offenen Spielen.

 

Am häufigsten beginnt Weiß mit e2-e4. Dieser Zug wurde bis ins 20. Jahrhundert oft als einzig vernünftiger Anfangszug angesehen. Rauser formulierte „1. e4 und Weiß gewinnt“. Vorsichtiger drückte das Fischer aus: „Ich weiß nicht, was Gott gegen mich auf 1. e4 antworten würde.“ Da der Zug e2-e4 das Entwicklungsprinzip am meisten betont, wird er für Lernende empfohlen.

 

1.2 Eröffnungsprinzipien

 

1.2.1 Die drei wichtigsten Prinzipien

 

Das erste Prinzip ist die rasche Entwicklung der Figuren. Damit meine ich nicht die Bauern, die auch ihren Wert haben, um Raum und Stützpunkte zu sichern, sondern die Leichtfiguren, also Läufer und Springer, sowie die Schwerfiguren, also die Dame und die Türme.

Je schnellersie diese Figuren herausbringen, um so schneller können Sie zum Angriff übergehen. Entwickeln sie zuerst die Leichtfiguren, die Dame erst später, wenn sie einen sicheren Platz hat. Es sind nicht wenige Partien verloren worden, weil eine Partei die Dame zu schnell entwickelt hat und dann Zeit verloren hat, um sie wieder in Sicherheit zu bringen.

 

Das zweite Prinzip ist der Kampf ums Zentrum. Das Zentrum, also die Felder d4, d5, e4 und e5, entsprechen einer Anhöhe auf einem Schlachtfeld, dessen Besitz einem Vorteil verschafft. Von hier aus können die Figuren schnell auf beide Flügel manövriert werden, je nachdem, wo sie gerade gebraucht werden, und sie engen den Gegner ein, so dass seine Manövrierbarkeit eingeschränkt ist und seine Figuren meist zu spät am Schauplatz des Geschehens erscheinen.

 

Das dritte Prinzip ist der Kampf mit den gegnerischen Ideen. Man versucht, zu erkennen, was für den Gegner wichtig ist, und hindert ihn dann daran, sei es schnelle Entwicklung oder Kontrolle des Zentrums.

 

1.2.2Regeln für die Eröffnung

 

Aus diesen Prinzipien resultieren einige einfache Regeln, die man getrost nicht nur jedem Anfänger, sondern auch jedem Fortgeschrittenen mit auf dem Weg geben kann.

 

1. Eine goldene Eröffnungsregel besagt: Ziehe mit derselben Figur in der Eröffnung möglichst nicht zweimal! Man vermeide also Tempoverluste (Zeitverluste). Eine rasche Entwicklung der Figuren ist das oberste Gebot in der Schacheröffnung. (Tut man es doch, sollte man ernsthafte Gründe

dafür haben!).

2. Verliere keine Zeit mit prophylaktischen (vorbeugenden) Zügen mit den Randbauern,( Züge wie a3, h3, a6, h6 sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll.) wichtiger ist die rasche Figurenentwicklung.

3. Ziehe nicht vorzeitig mit der Dame. (Siehe Anmerkung zum ersten Prinzip). Die Schwerfiguren (Dame und Türme) stehen auf der Grundlinie zunächst am besten. Sie werden erst nach der Entwicklung der Leichtfiguren und nach der Rochade ins Spiel gebracht.

4. Beginne keinen unausgereiften, unvorbereiteten Angriff.

5. Spiele nicht auf Bauerngewinn, vor allem nicht in offenen Stellungen, wo die rasche

Entwicklung von entscheidender Bedeutung ist. Ein Entwicklungszug ist meist wichtiger als ein Bauer.
6. Wenn es der Gegner erlaubt, besetzen wir mit zwei Zentrumsbauern die Zentrumsfelder.
7. In der Regel wird der Springer vor dem Läufer entwickelt.
8. Die Entwicklung der Figuren soll auf Felder mit maximaler Wirkung erfolgen,.
Züge wie Sa3, Sh3 oder Sh6, Sa6 sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll.  
9. Bauernzüge müssen genau überlegt werden, da es für sie kein Zurück gibt.

1.2.3 Weitere Prinzipien

 

Der Übergang zum Mittelspiel. Ein Schachspieler achtet bei der Eröffnung bereits

auf den Plan im Mittelspiel oder Endspiel. Hat er beispielsweise schon nach der Eröffnung

eine Bauern Überlegenheit am Damenflügel, wird er seine Figuren entsprechend aufstellen, um

ein Endspiel zu erreichen, in dem dieses Thema ihm einen Vorteil verschafft.

Dies ist auch ein gutes Beispiel für ein weiteres Eröffnungsprinzip, die Bauernstruktur. Bereits

in der Eröffnung muss man darauf achten, eine vorteilhafte Bauernstruktur zu erreichen bzw.

eine gute Kompensation für eine nachteilige Bauernstruktur zu bekommen.

Erfahrene Schachspieler achten auch auf die Initiative, d. h. dem Gegner dazu zu bringen,

dass er reagieren muss und nicht seine eigenen Pläne verfolgen kann. Die Initiative ist durchaus

ein Vorteil, der von unerfahrenen Spielern gern unterschätzt wird.

 

Die wichtige Faktoren sind Raum Material und die Zeit, nicht das Ticken der Schachuhr, sondern das Tempo (die Entwicklung). Manchmal würde man sich eben wünschen zwei Züge auf einmal tätigen zu dürfen. Wenn das der Fall ist, dann ist man sicherlich ein Tempo im Rückstand. Den Faktor Zeit kann man aber im allgemeinen der Position zuordnen, weil man ja im Endeffekt nur schlechter steht. Manchmal nimmt man einen Verlust an Material in Kauf, wenn man sich dadurch eine bessere Position verspricht und umgekehrt (das Gambitspiel).

Letztlich zählt aber die Gesamtgewichtung des Spiels. Die Eröffnungstheorie befasst sich

genau mit dieser Gesamtgewichtung zu Beginn einer Partie.